NEUES TRAINING: Entscheidungsfindung mit

Besser entscheiden

Personal- und Einstellungsentscheidungen

Eine Studie aus 2017 zeigt, dass Einstel­lungs­ge­spräche oft keinen Nutzen haben. Gilt das auch in Ihrem Unter­nehmen? Wie finden Sie es heraus und was machen Sie mit Ihrer Erkenntnis?

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Kandi­da­ten­aus­wahl per Inter­view: ein effek­tives Vorgehen?

Immer wieder stellt sich heraus, dass etablierte Praktiken wirkungslos oder sogar kontra-produktiv sind.

Nutzlose Proze­duren halten sich über Jahrzehnte, ohne jeden Nachweis ihrer Effek­ti­vität. Sie können den Status heiliger Kühe haben. Bessere Entschei­dungs­stra­te­gien helfen, sie zu hinter­fragen. Sie, wenn sinnvoll, abzuschaffen oder zu verän­dern. Wie Sie solche Entschei­dungs­re­geln entwi­ckeln, erfahren Sie in Seminaren und Support mit SolidDecisions.

Bezogen auf die Perso­nal­aus­wahl veröf­fent­lichte der US-Forscher Jason Dana 2017 eine Studie. Sie auch in der New York Times, dort mit dem Titel “The Utter Useless­ness of Job Inter­views”, veröffentlicht.

Die Studie ist meines Wissens die Erste, die die Nützlich­keit von Einstel­lungs­in­ter­views metho­disch robust (durch rando­mi­siertes Studi­en­de­sign) unter­sucht. Das Ergebnis: Unstruk­tu­rierte Inter­views verbes­sern die Entschei­dung nicht gegen­über einer Zufalls­aus­wahl. Statis­tisch sind sie der Zufalls­aus­wahl sogar leicht unter­legen. Struk­tu­rierte Inter­views schneiden nur gering­fügig besser ab.

Gerade sozial­wis­sen­schaft­liche Studien werden später oft relati­viert oder gar wider­legt. Aber für den Moment ist dies — wie gesagt, nach meinem Wissen — die einzige zu dem Thema, die überhaupt wissen­schaft­lich solide ist.

Welcher Wert wird wohl — ganz grob — jedes Jahr in der Europäi­schen Union vernichtet, wenn der Befund korrekt ist? Das Statis­ti­sche Bundesamt gibt an, dass es in der EU insge­samt 234 (wir runden im Folgenden auf 200 ab) Millionen Erwerbs­tä­tige gibt.

Machen wir dazu folgende Annahmen:

  • Jede dieser Stellen wird durch­schnitt­lich alle 6 Jahre neu besetzt.
  • Für jede Beset­zung werden durch­schnitt­lich 3 Kandi­daten interviewt.
  • Jeder Kandidat wird durch durch­schnitt­lich 2 Fach- und Führungs­kräfte interviewt.
  • Jedes Inter­view dauert durch­schnitt­lich 45 Minuten und wird 15 Minuten lang vorbereitet.
  • Die Arbeits­kosten für Inter­viewer betragen 50 € je Stunde‍

Also:

Anzahl Stellen­be­set­zungen pro Jahr

= 200 Mio. Stellen x 1/6 Beset­zungen je Stelle je Jahr
= 100/3 Mio. Beset­zungen je Jahr

Aufge­wandte Stunden pro Jahr

= 100/3 Mio. Beset­zungen je Jahr x 3 Kandi­daten je Beset­zung x 2 Inter­viewer x 1 Stunde je Interview
= 200 Mio. Stunden je Jahr

Anfal­lende Arbeits­kosten pro Jahr

= 200 Mio. Stunden je Jahr x 50 € je Stunde
= 10 Mrd. € pro Jahr

Wenn Sie meine Annahmen nicht teilen, setzen Sie einfach Ihre eigenen ein. In jedem Fall wird am Ende ein enormer Betrag herauskommen.

Ein Unter­nehmen mit 5.000 Mitar­bei­tern vernichtet demnach jährlich mindes­tens eine Viertel­mi­lion Euro — durch “utterly useless job interviews”.

Recru­ting-Experten stellt sich natür­lich jetzt die Frage: “Sind wir betroffen? Oder sind — in unserem Falle — die Inter­views hilfreich dabei, die Einstel­lung­ziele zu erreichen?”

Das Design des Auswahl­pro­zesses überprüfen

Die Antwort kann Ihnen nur ein Experi­ment liefern. Und zwar ein rando­mi­siertes Experi­ment. Sie müssen also ein bißchen ins Risiko gehen, und eine Anzahl kommender Stellen­be­set­zungen für ein Experi­ment nutzen.

Dabei lassen Sie für die Hälfte der Stellen die Beset­zung durch die Inter­viewer entscheiden — und für die andere Hälfte durch das Los. Welche der Stellen per Inter­view oder Los besetzt werden, muss ebenfalls durch Losen entschieden werden.

Wie viele Stich­proben (aka Stellen­be­set­zungen) brauchen Sie für das Experi­ment? Wahrschein­lich weniger als Sie denken. Wenn Sie das Bayes-Theorem nutzen, können schon einige Stich­proben die Wahrschein­lich­keit, daß Sie aufs falsche Pferd setzen, bzw. eine ineffi­zi­ente Methode verwenden, deutlich reduziert werden.

Nach einem und zwei Jahren fragen Sie dann, mit welcher Wahrschein­lich­keit die einzelnen Kandi­daten auch jetzt noch als gute Wahl bewertet würden. Dabei sind es natür­lich nicht die Inter­viewer, die diese Bewer­tung vornehmen sollen. Denn die werden tenden­ziell die Kandi­daten besser bewerten, die sie selbst ausge­wählt haben. Das Design des Experi­ments muss ausschließen, dass “self fulfil­ling prophe­cies”, sich selbst erfül­lende Prophe­zei­ungen erzeugt werden.

Ist Ihnen das Experi­ment zu riskant? Welches Risiko bedeutet es für Ihr Unter­nehmen, es nicht zu machen???

Soweit, so gut. Nehmen wir an, Sie finden heraus, dass die Inter­views in Ihrer Organi­sa­tion den Würfel nicht schlagen. Bedeutet das, ab jetzt wird gewür­felt? Nicht notwendig. Sie haben die Chance andere Designs für die Erfül­lung der Entschei­dungs­auf­gabe zu entwi­ckeln und zu testen.

Beachten Sie dabei eine zentrale Regel:

Keep it simple!

Versu­chen Sie nie, Unsicher­heit und Komple­xität mit Kompli­ziert­heit zu überwinden. Sie haben eine gute Chance ein Entschei­dungs­de­sign zu finden, das dem bestehenden überlegen UND sehr viel schlanker ist.

Versu­chen wir es doch gemeinsam, indem wir einige Erkennt­nisse der Solid­De­cis­ions-Methode anwenden.

Entschei­dungs­kom­pe­tente Perso­nal­ab­tei­lungen sollten …

  • irrele­vante Faktoren unwirksam machen (z. B. Geschlecht, Natio­na­lität, Aussehen, Stimme, Dialekt, Kleidungs­stil, Tageszeit).
  • Defini­tion und Anwen­dung von Entschei­dungs­re­geln perso­nell vonein­ander trennen.
  • Referenzen zur Entschei­dung heranziehen.
  • Wahrschein­lich­keiten schätzen statt in ja-nein-Kategorien.

Ein alter­na­tives Entscheidungsdesign

Statt persön­li­cher Inter­views, bei denen — unbewusst und unkon­trol­lierbar — alle mögli­chen nicht entschei­dungs­re­le­vanten Faktoren eine erheb­liche Rolle spielen, setzen wir Telefon oder ein Chat-Programm — eventuell sogar einen Chat-Bot ein. Zwei Drittel der Fragen könnten struk­tu­riert sein und das dritte Drittel spontan-situativ.

Das Telefon- oder Chat-Proto­koll wird den Inter­viewern später zur Beurtei­lung übergeben.

Die “Inter­viewer” bekommen als Referenz eine Beschrei­bung drei (virtu­eller) früherer Kandi­daten. Alle drei wurden vor ca. drei Jahren (virtuell) einge­stellt. Eine Person wird als Top-Performer und eine weitere als guter Performer beschrieben. Die Dritte wurde nach der Probe­zeit nicht weiter beschäftigt.

Die Inter­viewer sollen nun, z. B. anhand des Chat-Proto­kolls, schätzen, mit welcher Wahrschein­lich­keit (in Prozent) jeder Kandidat in drei Jahren das Outcome jeder der drei Referenz­per­sonen erreicht. Als Tabelle etwa so:

Kandidatenauswahl Einstellungsentscheidung

Dabei sollten die Inter­viewer ihre Beurtei­lungen getrennt durch­führen, um Gruppen­ef­fekte zu vermeiden.

Dieses Design ist nur ein Beispiel. Es erfüllt auf jeden Fall das “Keep-it-simple”-Kriterium — Die Anwen­dung ist nicht aufwän­diger oder kompli­zierter als die von tradi­tio­nellen Job-Interviews.

Ausserdem reduziert es die Wahrschein­lich­keit von Entschei­dungs­ver­zer­rungen durch irrele­vante Faktoren sowie die mit der Entschei­dung verbun­dene kogni­tive Last.

Die mögliche Überle­gen­heit des Entschei­dungs­de­signs muss sich natür­lich noch in rando­mi­sierten Tests beweisen. Das Design müsste dann bessere Ergeb­nisse bringen als tradi­tio­nelle Job-Inter­views sowie das Zufallslos.

Anschlie­ßend kann es durch Varia­tion und A/B‑Tests weiter verbes­sert werden.

Unbekannte Begriffe?

Falls Ihnen irgendwelche Begriffe oder Konzepte nicht geläufig sind, finden Sie hier Erklärungen:

Autor

Dietmar Gamm - Entscheidungsexperte
Dietmar Gamm, M.Sc., Dipl.-Ing. ist internationaler Experte für effektives Entscheiden in Organisationen. Er leitet Trainings und moderiert Workshops in Deutsch, Englisch und Französisch.

Übrigens ...

Alle Entscheidungstechniken hängen davon ab, dass sie mit richtigem, neutralem und vollständigem Input "gefüttert" werden.

Das ist ihre größte Schwäche. Denn die Menschen, die sie nutzen, sind nicht objektiv und rational. Sie sind allgemein tendenziös, manipulierbar, unzureichend informiert und machen logische Fehler.

Die Folgen von Fehlentscheidungen können katastrophal sein, siehe Dieselgate.

Das SolidDecisions-Framework sorgt dafür, dass diese Einflüsse minimiert und die Entscheidungsqualität gesteigert wird.
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